Meine Wenigkeit.



Es war einmal...

… ein kleines pummliges Mädchen. Es geriet ständig in den Streit der Eltern hinein und sollte erst auf die eine, dann auf die andere Seite gezerrt werden. Dieses Mädchen, nennen wir es doch einfach mal Julia, aß gerne Süßigkeiten, so wie das viele Kinder gerne tun. Doch die Mutter, die zu dem Zeitpunkt magersüchtig war und es nicht bemerkt hat, wollte unbedingt, dass Julia das Süßigkeiten-Essen reduziert und auch mal draußen Spielen geht. Das fand das Mädchen auch nicht weiter schlimm. Allerdings gab es auch noch den Papa, der ihr gerne mal heimlich, so dass die böse Mutter das nicht mitbekam, Leckereien zusteckte. So versuchte der Vater seine Tochter immer auf seine Seite zu ziehen.
Es gab aber noch ein älteres Mädchen im Haus, das war die Schwester von Julia. Sie war schön, normal gebaut, nichts was ein normaler Mensch als „fette Kuh“ bezeichnet hätte. Doch das tat der Vater von Julia ständig. Man kann sich vorstellen in was für Verhältnissen das Mädchen aufwuchs: wenn gegessen wurde, war alles harmonisch. Es gab keinen Streit. Wenn etwas Harmonisches herbei gesucht wurde, versuchte man dies mit Essen festzumachen.
Und so wuchs Julia auf, immer auf das Äußere bedacht, denn schon mit jungen Jahren wurde sie darauf aufmerksam gemacht. Und sie stellte fest: sie ist dick!
Sie fühlte sich schon von klein auf unwohl in ihrer Haut. Als Julia 10 Jahre alt war, kaufte sich der Papa ein Ergometer. Er selber wog viel und wollte selber abnehmen. Auch Julia probierte das Rad-Training aus – mit Erfolg. Sie hat viel abgenommen und sah aus wie ein hübsches, junges Mädchen. Doch das wusste sie erst nach Jahren. Zu diesem Zeitpunkt fand sie sich immer noch zu fett. Der Vater war inzwischen gut gebaut und so dachte Julia sie wäre das einzige schwarze Schaf in der Familie, das Dick war. Keine perfekte Familie und die Schuld lag an Julia in ihren Augen.
Als sie dann ein Teenager war hatte sie verschiedene Phasen des Abnehmens. Einmal probierte sie es mit Weight-Watchers, ein anderes Mal mit „Sport und keine Süßigkeiten!“. Jedes mal hat sie abgenommen, doch für sie war das nicht genug. Und aus Frust aß sie dann wieder mehr und nahm rasch zu.
Sie selber hatte das Gefühl sich nicht wirklich mit ihrem Körper identifizieren zu können. Sie wollte immer jemand anderer sein. Sie guckte sich gerne im Fernsehen oder auf der Straße Frauenkörper an, was nichts damit zutun hatte, dass sie homosexuell veranlagt war sondern schlicht aus dem Grund, dass sie die Frauenkörper ästhetisch fand und sie zu erreichen versuchte.


Und wenn sie nicht gestorben ist...

 … dann lebt sie noch heute. Ja, es gab viele Rückschläge in meinem Leben. Mehr als mir lieb ist und ich vielleicht verkraften kann. Wunden bleiben immer. Aber eine Sache ist mir durch das Lesen von ähnlichen Blogs bewusst geworden: es gibt so viele Menschen denen es ähnlich geht wie mir. Ich brauche mich nicht im Selbstmitleid zu suhlen, das habe ich nicht verdient! Ich habe nicht das Recht dazu. Und auch das sage ich mir immer wieder. Im Grunde sollte es mir hervorragend gehen: Eine kleine pummelige Verrückte, die Spaß am leben hat und hin und wieder mal in eine Diäten-Phase verfällt. Aber ich sehe mich anders: eine depressive hässliche fette Kuh, die es noch nicht einmal hinbekommt dankbar für das Leben zu sein. Denn man hat nur eins! Und man hat auch nur einen Körper, man kann ihn nicht austauschen, wie es einem grade passt!